Nematx entwickelt Hochleistungsfilamente aus Flüssigkristallpolymeren, die 10x stärker sind als PEEK

liquid crystal polymer lcp 3d printing

Angesichts der vielen Vorteile, wie niedrige Kosten, Vielseitigkeit und Wasserbeständigkeit, die Kunststoffe bieten, sind sie beliebte Materialien im Bereich der additiven Fertigung. Sie können als Filament für den FDM-Druck, als Pulver für den SLS-Druck oder als Harz für den SLS-Druck verwendet werden. Allerdings ist ihr größter Anwendungsbereich bisher das Prototyping. Damit Ihre Anwendung über die Entwicklung von Protoypen hinaus geht, sind Unternehmen bemüht Hochleistungskunststoffe zu entwickeln, die sich auch für die Fertigung von Endanwendungsteilen eignen. Einer der Akteure in diesem Bereich ist das in 2020 gegründete Startup NematX.

NematX ist ein Schweizer Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Filamenten aus Hochleistungskunststoffen spezialisiert hat. Dabei erfinden sie die Entwicklung von Filamenten durch die Nutzung von Flüssigkristallpolymeren neu. Durch die Nutzung von Flüssigkristallpolymeren, sollen die Filamente 10 Mal stärker als PEEK sein und Temperaturen von über 250°C aushalten. Diese Eigenschaften sollen sie geeignet für die Fertigung von Endanwendungsteilen für die Luft- und Raumfahrt, die Medizintechnik sowie spezielle Industrieanwendungen sein. Mit ihrer „Nematic 3D printing“ Technologie gelang es dem Unternehmen sogar als einer der Gewinner der Startup-Challenge auf der Formnext Connect hervorzugehen. Wir trafen uns daher mit Silvan Gantenbein, Erfinder der Technologie, CTO und Co-Founder von NematX, zu einem Interview.

3DN: Können Sie sich und Ihre Verbindung zur additiven Fertigung vorstellen?

Mit NematX spezialisieren wir uns auf eine neue Klasse von Hochleistungskunststoffen für die additive Fertigung. Wir sind ein Spin-off der ETH Zürich und machen als erstes Unternehmen Flüssigkristallpolymere für den 3D Druck zugänglich. Diese Materialklasse fand bis anhin vor allem im Elektronikbereich und in Form von hochfesten Fasern Anwendung. Unser Ziel ist es, die hervorragenden Eigenschaften dieser Materialklasse für die additive Fertigung zu nutzen und diese weiter zu verbessern.

3DN: Wie kam die Idee zur Gründung von NematX auf?

Ich begann mich während meinem Studium intensiv mit dem 3D Druck zu befassen und als angehender Materialwissenschafter war ich davon überzeugt, die bescheidene Bauteilqualität im Polymer 3D Druck deutlich erhöhen zu können. Im Rahmen meiner Doktorarbeit habe ich mir dann zum Ziel gesetzt, geeignete Materialien und additive Fertigungsprozesse zu entwickeln, um dereinst Metalle und Composites ersetzen zu können. Die ersten Prototypen zeigten für Polymere ausserordentlich hohe Festigkeits- und Steifigkeitswerte und weckten rasch Interesse in verschiedenen Märkten. Dies motivierte mich schliesslich dazu NematX zu gründen, um die Technologie industriell zugänglich zu machen.

3DN: Wie funktioniert Ihre “Nematic 3D printing”-Technologie und welche Möglichkeiten werden durch sie eröffnet?

Unsere Technologie basiert auf drei Elementen, wobei das Material und dessen Verarbeitung im Zentrum stehen. Wir produzieren unsere eigenen Filamente aus Flüssigkristallpolymeren und verwenden FFF/FDM Printer mit einem von uns optimierten Extrusionssystem. In Kombination mit speziellen Design-Algorithmen können wir so Kunststoffbauteile mit bisher unerreichten Eigenschaften herstellen. Vereinfacht gesagt können wir mit unserer 3D Druck Technologie die Molekülorientierung unserer Materialien sehr genau steuern, woraus deutlich bessere mechanische und thermische Eigenschaften resultieren als dies mit herkömmlichen Verarbeitungsverfahren möglich ist. In Kombination mit der Formgebungsfreiheit der additiven Fertigung eröffnen sich so neue Einsatzgebiete für Strukturbauteile im Leichtbau sowie für diverse Industrieanwendungen in rauen Umgebungsbedingungen.

Beispiel einer industriellen Anwendung | Bildnachweis: NematX

3DN: Was sind Ihrer Meinung nach die Bedeutung und die realen Möglichkeiten des 3D-Drucks mit High-Performance-Polymeren in der Luft- und Raumfahrt, Medizin und Elektronik?

Aufgrund der hohen Qualitätsanforderungen sind High-Performance Polymere in diesen Märkten bereits bestens etabliert. Durch einen Bedarf an komplex geformten Bauteilen mit hohem Individualisierungsgrad haben diese Industrien sehr früh auf die additive Fertigung gesetzt, da herkömmliche Verarbeitungsverfahren für Kleinserien und komplexe Bauteilgeometrien heute nicht wirtschaftlich sind. Dementsprechend sehen wir für den 3D Druck vor allem in diesen Bereichen grosses Potential. Erfolgsentscheidend ist, dass die Eigenschaften von additiv gefertigten Kunststoffbauteilen und die Herstellprozesse den Anforderungen in anspruchsvollen Märkten genügen und genau das möchten wir mit unserer Technologie und den Materialien erreichen.

3DN: Für welche Sektoren ist die Integration der Nematic-Technologie interessant und warum? Können Sie einige Ihrer derzeitigen Kunden nennen?

Durch die einzigartige Kombination von Bauteileigenschaften, welche wir mit unserer 3D Druck-Technologie anbieten können, konzentrieren wir uns auf Anwendungen in anspruchsvollen Umgebungsbedingungen. Mit bisher unerreichten mechanischen Eigenschaften für unverstärkte Polymere, einer Temperaturbeständigkeit von über 250°C sowie durch hervorragende chemische und biologische Beständigkeit unserer Bauteile fokussieren wir uns auf die Zielmärkte Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik sowie auf spezielle Industrieanwendungen. Zu unseren aktuellen Kunden zählen namhafte Unternehmen aus der Elektronik-Industrie und der Vakuumtechnik. In unseren längerfristigen Zielmärkten Luft- und Raumfahrt sowie in der Medizintechnik haben wir erste Partnerschaften aufgebaut und damit begonnen, industriespezifische Produkte und Prozesse zu entwickeln.

Additiv gefertigte LCP Vakuum Halterung | Bildnachweis: NematX

3DN: Wo sehen Sie NematX in 5 Jahren?

Wir haben uns mit NematX zum Ziel gesetzt, eine wettbewerbsfähige Komplettlösung für die digitale Fertigung von Kunststoffbauteilen mit bisher unerreichten Eigenschaften anzubieten. In 5 Jahren möchten wir unsere Technologie und Materialen für unterschiedliche Märkte konfiguriert und eine industrieübergreifende Kundenbasis aufgebaut haben. Unsere Komplettlösung soll Unternehmen mit einem grossen Produktmix und kleinen bis mittleren Fertigungsserien Performance- und Kosten-Vorteile gegenüber herkömmlichen Produktionsverfahren bieten können.

 

3DN: Haben Sie noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?

Als Anbieter einer Komplettlösung für additiv gefertigte High-Performance Polymerbauteile sind wir stets auf der Suche nach neuen Anwendungsfeldern und unterstützen interessierte Unternehmen gerne bei der Auswahl von möglichen 3D Druck Projekten. Dementsprechend versuchen wir laufend neue Herausforderungen und Inputs für die Weiterentwicklung unserer Technologie und Materialen zu identifizieren.

 

Beispiel der medizinischen Anwendung | Bildnachweis: NematX

Was denken Sie über NematX und ihre Technologie? Lassen Sie uns dazu einen Kommentar da, oder teilen Sie es uns auf Facebook, Twitter LinkedIN oder Xing mit. Möchten Sie außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der Additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach erhalten? Dann registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter.